Pinkus Max 3. Dezember 1857, 19. Juni 1934 Neustadt in Oberschlesien (Prudnik) |
Er war der Sohn von reichen Industrieller Joseph Pinkus (1829–1909) aus Neustadt in Oberschlesien (heute: Prudnik) und Augusta Fränkel (1838–1919). Seine jüngste Schwester Jadwiga (1864–1948 USA) heiratete im Alter von 18 Jahren den Arzt Paul Ehrlich – den zukünftigen Nobelpreisträger (1908) im Bereich der Immunologie. Die Mutter von Max war die Tochter von Samuel Fränkel (1801-1881), der sich in Neustadt in Oberschlesien im Jahre 1838 ansiedelte, und der hier Lein- und Damastweberei gründete. Im Laufe der Jahre war das Unternehmen europaweit bekannt und gehörte zu den größten Textilfirmen in Deutschland. Dank der Eheschließung Augustas mit Joseph Pinkus wurde Max neben Fränkels Sohnes ein Teilhaber der Firma und er trug bedeutend zur Entwicklung der Firma bei [1]. Nach dem Tod seines Schwiegervaters wurde Max Pinkus der Firmenleiter. Im Familienhaus von Max Pinkus gab es viele wertvolle Kunstwerke wie japanische Bronzen, Porzellan, schlesisches Glas und jüdische Kultobjekte zu finden. Es galt als das Kulturzentrum, das viele hervorragende von damaliger Elite abstammende Gäste anzog. Max Pinkus besuchte die Webeschule in Lyon in Frankreich, er absolvierte auch ein Praktikum im Zentrum der Textilindustrie in England und in den USA. Im Familienunternehmen stieg er auf der Karriereleiter empor und nahm auf sich nach dem Tod seines Vater im Jahre 1909 die ganze Verantwortung für die Firma. Er trug zur Stärkung ihrer Position in der ganzen Welt bei. Die Produkte wurden nicht nur nach Europa, sondern auch in die USA exportiert. Ebenso wie sein Vater und seine Oma finanzierte Max viele Unternehmen, die Arbeitern und Bewohnern der Stadt dienten: er schaffte Rentenfonds für Arbeiter der Firma, er stiftete Stipendien für Schüler vom Neustädten Gymnasium, er baute ein Krankenhaus, dessen Unterhalt er selbst bis zum Jahre 1918 finanzierte, dann übergab Pinkus dieses Krankenhaus der Stadt. Bei der Fabrik gab es auch ein Gaswerk, ein Kraftwerk, eine Handwerkwerkstatt, eine Berufsschule und viele Sozialeinrichtungen für Arbeiter (Badehaus, Mensa, Klubraum). Am 13. Mai 1888 heiratete Max Hedwig Oberländer (5.07.1868-17.08.1920). Sie hatten zwei Söhne: Hans Hubert (1891–1977), den jüngsten Klaus Valentin und eine Tochter Alice. Ebenso wie sein Vater nahm Max aktiv am öffentlichen Leben teil: er war ein Mitglied von vielen Vereinen, Wirtschaftsorganisationen sowie politischen und sozialen Organisationen. Im Jahre 1911 legte man ihm einen Titel „königlich - preußischer Handelsrat“ bei. Er war auch Ehrenmitglied des Verbands schlesischer Textilindustrieller. Seit dem Jahre 1923 übte er die Funktion des stellvertretenden Vorsitzenden der Handelskammer in Oppeln (Opole) aus [2], einige Jahrzehnte lang war er ein Rat in Neustadt in Oberschlesien (Prudnik) und Ehrenvorsitzender des Schützenvereins. Im Jahre 1927 zum Anlass seines 70. Geburtstages wurde er Ehrenbürger der Stadt Neustadt in Oberschlesien (Prudnik). Der Tod seiner Frau im Jahre 1920 und Wirtschaftskrise nach dem Ersten Weltkrieg waren der Grund seines Nervenzusammenbruchs und Selbstmordversuches. Der Aufenthalt im Sanatorium sowie die Reise rund um die Welt trugen dazu bei, dass sich sein psychischer Zustand verbesserte. Max beschäftigte sich mit seiner Bibliothek, pflegte Kontakte mit Freunden, mit denen er im Briefwechsel stand. Im Jahre 1926 übergab er die Leitung des Unternehmens seinem ältesten Sohn. Hans Hubert leitete die Fabrik bis zum Jahre 1938, als Nationalsozialisten ihm die Fabrik wegnahmen und er fuhr nach England. Das Lebenswerk von Max Pinkus war die schlesische Bibliothek zu gründen, in der Werke gesammelt werden, die Schlesien betreffen: die Geschichte, die Gesetzgebung, die Volkskunde, die Belletristik, die Natur und die Religion. Sie bestand aus zwei Räumen. Im ersten befanden sich die Kultur und die Geschichte Schlesiens betreffenden Werke, darunter auch viele historische Dokumente, Handschriften, Chroniken, Monographien, Zeitschriften und viele Sammlungen aus dem Beriech der Geographie und Biologie. Im zweiten Raum wurden Erstauflagen und Handschriften der schlesischen Belletristik gesammelt, u.a. von Joseph von Eichendorff, Angelus Silesius, Martin Opitz, Jakub Böhme sowie von Hermann Stehr und Gerhart Hauptmann. Die Abteilung Teil, die dem literarischen Schaffen von Gerhart Hauptmann gewidmet wurde, zählte zu den bekanntesten. Außer allen Werken des Dichters gab es da auch Gesamtausgaben mit einem Autogramm von Autor versehen (Ausgaben, die vor dem Jahre 1933 erschienen), Schriften aus seiner Jugendzeit, (vor dem Jahre 1889), Briefe, Autogramme, Zeitungsartikel über Gerhart Hauptmann sowie solche, die von ihm selbst geschrieben wurden. Die von Wiktor Ludwik im Auftrag von Max Pinkus vorbereitete und von ihm gestiftete Bibliographie der Werke von Hauptmann beruhte ausschließlich auf Sammlungen der schlesischen Bibliothek (die Erstauflage aus dem Jahre 1922, die zweite, erweiterte Ausgabe aus dem Jahre 1932) [3]. Nach dem Tod von Max erbte die schlesische Bibliothek, die über 25.000 Bände verfügte, der jüngste Sohn Klaus. Im Jahre 1936 wurde der Teil der Sammlungen der Oberschlesischen Staatsbibliothek in Beuthen (Bytom) und ein anderer der Universitätsbibliothek in Breslau (Wrocław) verkauft. Die Mehrheit der Sammlungen ging während des Zweiten Weltkrieges verloren. Die schlesische Bibliothek wurde nur von Max Pinkus gegründet und darin steckte ihre Besonderheit. Max stellte sie gern zur Verfügung den Wissenschaftlern, Schriftstellern, Künstlern und Studenten aus der ganzen Welt. Sie konnten da ihre wissenschaftlichen Forschungen durchführen. Seine unzähligen Freunde aus dem In- und aus Ausland beschrieben Pinkus als einen bescheidenen, freundlichen, offenen und hilfsbereiten Menschen. Er war im Kontakt mit der ganzen Welt, dank der Korrespondenz, die er führte. Pinkus war ein großer deutscher Patriot, stolz auf wissenschaftliches und geistiges Schaffen seiner Landsleute. Umso mehr schmerzhaft sind in seinem Lebenslauf zwei letzte Jahre seines Lebens. Als Hitler an die Macht kam, wurde er zum Opfer der Diskriminierung, Isolation, Erniedrigung und Verfolgung wegen seiner jüdischer Herkunft. Zu seinen treuen Freuden gehörte Hermann Stehr, der ein häufiger Gast in seinem Haus in Prudnik war, wo er u.a. seine Erzählung „Geigenmacher“ (1926) schrieb. Eine besonders wertvolle und ehrliche Freundschaft pflegte Pinkus mit Gerhart Hauptmann. Sie trafen sich ein paar Male im Jahr in Raspallo, in Agnetendorf (Jagniątków) und auf der Hiddensee Insel, wo es Premieren der Stücke von Nobelpreisträger gab. Hauptmann war auch in Prudnik. Max Pinkus stand Margarete Marschalk mit Rat und Tat während der Sichtung des Archivs von Hauptmann (mit Hilfe der Sekretären Ludwik Jauner und später Elisabeth Jungmann) zur Seite. Er finanzierte die Fresken in Paradieshalle in der Agnetendorfer Villa von Gerhart Hauptmann (großartige Fresken wurden von J. M. Avenarius im Jahre 1922 gemacht). Hauptmann schätzte sich besonders die Freundschaft mit Max Pinkus, was sich in seinen Dramen: Schwarze Maske 1928, Vor Sonnenuntergang 1931, Die Finsternisse (erst nach dem zweiten Weltkrieg publiziert) widerspiegeln ließ. Max Pinkus starb am 19. Juni 1934 an einem Herzinfarkt im Alter von 77 Jahren in seiner Bibliothek. Er wurde auf dem jüdischen Friedhof in Prudnik in der Kolejowa-Straße begraben. Die Zeit des Nationalsozialismus, sowie des sich verbreitenden Antisemitismus hatten zur Folge, dass die Beerdigungsfeier im engsten Familienkreis, ohne Teilnahme der Vertreter der Stadtverwaltung stattfand. Gerhart und Margarete (als einzige, die nicht Juden waren) nahmen auch daran teil [4]. Literatur:
Anmerkungen[1]K. Schwerin, Max Pinkus, jego "Biblioteka Śląska" i przyjaźń z Gerhartem Hauptmannem, Ziemia Prudnicka, Rocznik 2006, Übersetzung: M. Sitko, S. 123. [2]Franciszek Dendewicz, Max Pinkus, Sławne postacie pogranicza polsko-czeskiego Euroregionu "Pradziad" – wspólne dziedzictwo historyczne, http://www.powiat.nysa.pl/files/editor/Nysa_13strbig.pdf, S. 135. [3]K. Schwerin, a.a.O. , S. 125-126. [4]W. A. Reinhart, In Memoriam Max Pinkus, Gerhart Hauptmann Jahrbuch, 1948, S. 170–171. Elżbieta Ratajczak |
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