Moltke Helmut James von geb. 11. März 1907, Krzyżowa gest. 23. Januar 1945, Berlin (Niemcy) |
Helmuth James Graf von Moltke stammte aus einem alten mecklenburgischen Adelsgeschlecht [1]. Sein Großonkel, Helmuth Karl Bernhard Graf von Moltke, ein genialer Stratege, Bezwinger der Österreicher im Jahre 1866 und der Franzosen im Französisch-Preußischen Krieg (1870-1871) erwarb am 01. August 1867 für 240.000 Taler ein Landgut in Kreisau in Niederschlesien, um dort seinen Lebensabend zu verbringen. Genau hier wurde am 11. März 1907 der spätere Gründer des "Kreisauer Kreises" geboren. Die Eltern von Helmuth (der Landbesitzer und Mitglied des preußischen Herrenhauses Helmuth von Moltke und seine Ehefrau Lady Dorothy, geborene Rose-Innes, Tochter eines Richters des Obersten Gerichts aus der Südafrikanischen Union) waren Anhänger der pazifistisch-religiösen Konfession "Christian Science" (Christliche Wissenschaft). Sie erzogen ihren Sohn im Geiste des christlichen Idealismus, der Liebe zur Freiheit und der Weltoffenheit. Seine Kindheit verbrachte Moltke auf dem Anwesen seiner Eltern in Kreisau. Er besuchte das Gymnasium in Potsdam und die Ferien verbrachte er üblicherweise in Großbritannien. Im Jahre 1927 begann der junge Moltke sein Jurastudium in Breslau (heute Wrocław), das er später in Heidelberg, Berlin und Wien fortsetzte. Helmuth James von Moltke war bereits als Student gegenüber den Herausforderungen der Zeit nicht gleichgültig und engagierte sich gesellschaftlich. Er war einer der Initiatoren der "Löwenberger Arbeitsgemeinschaft", welche unter der Leitung des Professors Eugen Rosenstock-Huessy arbeitete und gemeinsame Lager für Studenten, Intellektuelle, Arbeitslose und Bauern organisierte, bei denen körperliche Arbeit mit intensiven Diskussionen und Vorträgen zum Thema bürgerliche Rechte und Pflichten verbunden wurden. All dies richtete sich nach Moltkes Verständnis gegen den gesellschaftlichen Ausschluss der Arbeitslosen in Schlesien in der Zeit der Wirtschaftskrise. Zur Unterstützung seiner Idee wandte er sich an Gerhart Hauptmann und Heinz Brüning, einen einflussreichen Politiker, der sogar finanzielle Unterstützung für dieses edle Vorhaben organisierte. Diese Zusammenkünfte erfreuten sich damals großer Beliebtheit. Im Jahre 1928 legte Moltke das Referendarsexamen ab, nahm jedoch keine Tätigkeit in dem Beruf auf, sondern übernahm die Leitung des mehrere hundert Hektar großen, stark verschuldeten Familienanwesens in Kreisau. Dabei erwies er sich als guter Manager, denn bereits nach einigen Jahren begann das Anwesen Einkünfte zu erzielen. Nach der Stabilisierung der Situation fuhr Helmuth James nach Berlin, um seine Ausbildung fortzusetzen und den Titel des Assessors zu erlangen. Dort lernte er seine zukünftige Ehefrau Freya Deichmann kennen, Jurastudentin und Tochter eines Kölner Bankiers. Das junge Paar heiratete im Oktober 1931. Moltke wurde auch in England ausgebildet, wo er sich ebenfalls um die Qualifikation als Rechtsanwalt bemühte. Das Assessorexamen legte er in Deutschland im Jahre 1934 ab, übernahm jedoch keine Stelle als Richter, weil dies vom Eintritt in die NSDAP abhängig gemacht wurde, was der junge Jurist auf jeden Fall vermeiden wollte. Er führte gemeinsam mit Karl von Lewinski eine Anwaltskanzlei in Berlin, spezialisierte sich im internationalen Recht und erteilte Rechtshilfe u.a. an Juden, die zur Emigration gezwungen wurden. Er half unter anderem den Eigentümern der Hotelkette Kempinski. Der energische Anwalt weilte oft in England und dachte sogar über eine Auswanderung nach. Jedoch wurde der Umzug nach England unmöglich, als der Zweite Weltkrieg ausbrach. Nach dem Kriegsausbruch wurde Helmuth James von Moltke zur Arbeit im Nachtrichtendienst des Admirals Canaris (Abwehr) als Experte für internationales Recht einberufen. Er verbarg seine Ablehnung gegenüber der verbrecherischen Diktatur nicht, forderte humanitäre Behandlung von Kriegsgefangenen und das Einstellen der Deportationen. Im Januar 1944 wurde er von der Gestapo verhaftet, jedoch nicht für die Organisation des sog. "Kreisauer Kreises", der sich gegen die Machtstellung Hitlers wandte, sondern für die Warnung seines Freunds, Otto Karl Kiep vor seiner Verhaftung. Die Angelegenheit Moltkes, die zunächst als ungefährlich erschien, erwies sich nach dem Attentat auf Hitler als tragisch. Nach einem mehrmonatigen Aufenthalt im Konzentrationslager Ravensbrück wurde er vor das Volksgerichtshof gestellt, dem der fanatische Nazi, Richter Roland Freisler vorstand. Die Anklage lautete trotz fehlender Beweise auf Hochverrat. Graf Helmuth James von Moltke wurde am 23. Januar 1945 in Berlin hingerichtet. Der Ort seiner Beisetzung ist unbekannt. Dieser Europäer hinterließ keine beeindruckende Literatur oder umfassende Dokumentationen. Wenn wir jedoch die Korrespondenz der Eheleute von Moltke aus der Zeit der Inhaftierung von James näher in Augenschein nehmen, oder die Programmvorgaben des "Kreisauer Kreises", die bereits damals die Notwendigkeit eines geeinten Europas vorsahen, berücksichtigen, so ist der Schluss zu ziehen, dass es sich um einen außergewöhnlichen und wahrhaft edlen Menschen handelt, dem Prinzipientreue gegenüber der christlichen Ethik und die Gesichtswahrung wichtiger waren als das Leben. Man kann ohne Bedenken feststellen, dass er eine der herausragendsten Persönlichkeiten im überschaubaren Kreise jener Deutschen bildete, die den Mut hatten, sich dem Faschismus zu widersetzen und damit die Ehre des deutschen Volkes zu retten. Die Kompromisslosigkeit seiner Ansichten sowie die kritische Einstellung gegenüber gefährlichen Eigenschaften seiner eigenen Nation begleiteten ihn bereits seit seinen frühesten Schuljahren.
Einen besonderen Platz im Leben von Helmuth bildete seine Residenz in Kreisau. Das große Landgut war zweifelsohne ein besonderes Refugium, wo er sich frei fühlen, kritische Ansichten gegenüber dem herrschenden Regime äußern und um sich einen Kreis mutiger und einflussreicher Menschen, die entschlossen waren, sich Hitler zu widersetzen, scharen konnte. Die überwachende Geheimpolizei gab dieser Gruppe den Arbeitsnamen "Kreisauer Kreis". Unter der Federführung von Moltkes diskutierten die Teilnehmer dieses Kreises u.a. über die zukünftige Form des deutschen Staates, die ihrer Meinung nach auf christlichen Werten beruhen sollte und wo eine wichtige Rolle der arbeitenden Bevölkerung zukommen soll. Helmuth James von Moltke formulierte die Grundsätze des neuen deutschen Staates in dem Programmdokument „Grundsätze für die Neuordnung” [3] vom 09. August 1943. Das Familiengut der von Moltkes sollte ein Mal mehr eine symbolische Rolle in der neuesten Geschichte spielen. Im Herbst 1989 gaben sich hier der Premierminister Tadeusz Mazowiecki und der deutsche Kanzler Helmut Kohl während der berühmten Versöhnungsmesse das Friedenszeichen. Dieser historische Augenblick leitete eine neue Ära der deutsch-polnischen Beziehungen ein. Heute ist in dem schön restaurierten ehemaligen Sitz des berühmten Deutschen die Stiftung Kreisau für Europäische Verständigung tätig und setzt das um, wovon einst Helmuth James Graf von Moltke träumte. Anmerkungen:[1]Das Wappen der Grafenfamilie von Moltke stellt drei schwarze Birkhühner auf einem silbernen Feld dar. Über dem Schlossportal in Kreisau befindet sich dieses Wappen im Beisein des Wappens der englischen Familie Burt, von der Marie Burt, die Ehefrau von Helmuth Karl Bernhard von Moltke abstammte. (siehe: Abbildungen) [2]Zit.: A. Krzemiński: Niczego, poza życiem, nie mogą ci odebrać. „Polityka” 2011, Nr. 17, S. 78. [3]Siehe: Ger van Roon. Neuordnung im Widerstand. München 1967. S. 561-567. Literatur:
Abbildungsmaterial - Fotografien:
Autor: Józef Zaprucki |
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