Mentzel Christian geb. am 9. September 1667, Jelenia Góra gest. am 25. Februar 1748, Jelenia Góra |
Die frühesten Vorfahren der Familie Mentzel sind seit ungefähr 1500 in Seiffershau (Kopaniec) nachweisbar. Viele waren wohlhabende Kaufleute, so auch Christians Vater, George Mentzel (1635-1715), der in Seiffershau geboren wurde. Sein Vater war Martin Mentzel (*um 1600; †nach 1659), verheiratet mit Eva (†nach 1667). George übersiedelte nach Hirschberg, wo er als Ober-Eltester der 1658 gegründeten Hirschberger Gemeinen Bürger-Zunfft erwähnt wird und im hohen Alter von fast 80 Jahren verstarb[1]. Christians Mutter Magdalena (1637-1708) war die Tochter des alteingesessenen, angesehenen Hirschberger Huf- und Waffenschmieds George Wentzel (1602-1670)[2]. Christian Mentzel wurde am 9. September 1667 in Hirschberg geboren. Er erhielt seine gute Bildung zunächst durch Informatoren (private Hauslehrer)[3]. Später ging er für drei Jahre in die evangelische Schule des etwa 27 km von Hirschberg entfernten Niederwiesa (Wieża). Das kursächsische Niederwiesa lag dem schlesischen Greiffenberg (Gryfów Śląski) unmittelbar gegenüber, gleich hinter dem Grenzfluss Queis (Kwisa). Viele evangelische Schlesier schickten unter dem Druck der Gegenreformation in den Habsburgischen Erblanden ihre Söhne nach Niederwiesa zur Schule[4]. Mit 15 Jahren, also 1682, begann Christian in einem angesehenen Breslauer Handelshaus seine kaufmännische Lehre. Im Hirschberger Handelshaus seines Vaters vervollkommnete er seine Ausbildung[5]. Anschließend wurde er mit langen geschäftlichen Reisen nach Holland, England, Spanien und Portugal betreut - einerseits, um die in Westeuropa üblichen, modernen Geschäftspraktiken zu lernen, andererseits um ein persönliches Netz von Bekannten für seine späteren Geschäftskontakte zu knüpfen. Nach seiner Rückkehr begründete Christian Mentzel eine eigene Handlung in Hirschberg und ließ sich 1692 in die Kaufmanns-Sozietät einschreiben. Er handelte vor allem mit Schleierleinen und zählte bald zu den wohlhabendsten Bürgern Hirschbergs. 1692 heiratete er Anna Ursula, geb. Gerstmann (1671-1726), die einer der angesehensten Schmiedeberger Kaufmannsfamilien entstammte. Das Paar hatte in den Jahren 1693-1712 vier Söhne und fünf Töchter, von denen aber nur zwei ein heiratsfähiges Alter erreichten: Christian Benjamin (1694-1761) und Anna Mariana (1699-1775), die 1719 den Kaufmann Johann Martin Gottfried (1685-1737) heiratete. 1709 wurde Christian Mentzel in der Sozietät unter die Ältesten aufgenommen. 1713 und 1722 war er ihr Oberältester[6]. Christian kaufte Häuser, Grundstücke, Bleichhäuser, Bleichpläne, Wiesen, Äcker und Gärten in und um Hirschberg. Er selbst wohnte in dem von ihm 1694 für 5.000 Reichstaler erworbenen Haus am Ring 27, später das Gasthaus Zum Golden Schwert[7]. Von 1727 bis 1731 begleitete ihn seine zweite Ehefrau, Agnetha Elisabeth (1699-1731), geb. Grabs, Witwe des Schaffgotschen Rentschreibers Carl Ferdinand Bieler, auf einem kurzen Lebensabschnitt. Bei ihrer Heirat am 1727 war Mentzel bereits 60 Jahre alt. Sie hatten drei Kinder, von denen nur Agnetha (1731-1783) das Kindesalter überlebte. Sie heiratete den Kaufmann und Carl Samuel Hielscher(1721-1795)[8]. Von 1732 bis zu seinem Tod im Jahre 1748 wurde Christiane Elisabeth (1702-1756), geb. Legner, Witwe des Pastors Johann Sturm aus Probsthain, Christian Mentzels dritte und letzte Ehefrau. In ihrer Ehe erblickten fünf weitere Kinder das Licht der Welt, von denen drei, Anna Elisabeth (1735-1797), sie heiratete 1754 Johann Gottlieb Jäger (1728-1805) - Christiane Theodora (1737-1794), sie heiratete 1754 Wolfgang Friedrich Thomann (1717-1771) - sowie Christian Gottfried (1739-1807) das Erwachsenenalter erreichten. Die Geburt seines letzten Sohnes Christian Friedrich (1741-1751) erlebte Christian Mentzel im Alter von fast 74 Jahren[9]. Nach überlieferten Steuereinschätzungen war Christian Mentzel bereits vor den Schlesischen Kriegen der mit großem Abstand reichste Kaufmann Hirschbergs. Sein Vermögen übertraf das des nächstreichsten Kaufmanns Daniel von Buchs fast um ein Dreifaches. Das Gesamt-vermögen Christian Mentzels im Jahr 1748 wurde auf 317.727 Reichstaler taxiert. Es entsprach demnach etwa dem siebenfachen Wert des Gutes Lomnitz mit allem seinen Zubehör und Abgaben[10]. Christian Mentzel zeigte sich sein ganzes Leben lang seiner Stadt und seinen Glaubensgenossen gegenüber ausnehmend großzügig[11]. Er stiftete wahrhaft gewaltige Summen für den Bau und die Ausstattung der Gnadenkirche. Schon dem ersten Kirchen-Collegium der Gnadenkirche hatte er 1709 als Kirchenvorsteher angehört, später wurde er Ober-Kirchenvorsteher[12]. Man nannte ihn ehrfurchtsvoll den großen Kirchenpatron oder sogar den großen Wohlthäter. Zum Bau der Orgel in der Gnadenkirche von 1725-1729 stellte Mentzel eine Summe von 30.000 Talern zur Verfügung. Seine Freigiebigkeit und sein Engagement riefen aber nicht nur Dankbarkeit, sondern auch Kritik hervor. So erhob sich gegen seine Pläne, die neue Orgel mit dem Altar zu verbinden, lauter Protest, da Pfarrer, Kirchenvorstand und ein Teil der Gemeinde Mentzels Pläne, den Altarraum zu ändern, als anmaßend empfanden. Die Emotionen kochten gar so hoch, dass man an Mentzels Wohnungstür Schmähschriften anheftete. Doch konnte er sich schließlich durchsetzen. Am 22. Juni 1729 übergab er die bis heute ausgezeichnete Orgel der Gemeinde[13], und 1733 stiftete er noch einen neuen, etwas kleineren Altar, passend zur Orgel[14]. Mentzel bedachte auch die Pastoren und Organisten der Gnadenkirche, die Lehrer an dem seit 1709 bestehenden ev. Gymnasium und der Mädchenschule und die Stadtarmen mit Dotationen und Legaten[15]. An der Universität Leipzig vergab er an Studenten Stipendien. Trotz seines ungeheuren Reichtums lebte der reiche Kaufmann in seinem Haus vergleichsweise bescheiden. Mit seiner Familie aß er mit Zinnlöffeln von tönernem Geschirr[16]. Nur einmal in seinem Leben ist eine Vergnügungsausflug bezeugt - als er 1711 die Schneekoppe bestieg. In Ansehen und Vermögen dem landsässigen schlesischen Adel schon lange mehr als ebenbürtig beschloss Christian Mentzel, sich einen Landsitz zuzulegen. Seine Wahl fiel 1738 auf die Rittergüter Lomnitz (Łomnica) sowie Ober- und Niederberbisdorf (Dziwiszów). Eigentlich war der Kauf von Rittergütern damals allein Adligen vorbehalten, doch gewährte ihm Kaiser Karl VI. 1738 die Ausnahmegenehmigung, das Gut Lomnitz ad dies vitae zu besitzen. In verständlichem Bürgerstolz hatte Mentzel zuvor das kaiserliche Anerbieten, ihn in den Adelsstand zu erheben, ausgeschlagen. Beiden evangelischen Gemeinden in Berbisdorf und Lomnitz stellte er Bauplatz und Bauholz zur Errichtung von Kirche, Pfarrhaus und Schule kostenlos zur Verfügung[17]. Christian Mentzel sorgte weitsichtig über seinen Tod hinaus vor. Bereits 1726 war sein Familiengrufthaus auf dem Gnadenkirchhof fertiggestellt. Am 23. Februar 1748 traf den großen Kaufmann und Patron nach einem überaus langen und erfüllten Leben ein Herzschlag, an dessen Folgen er zwei Tage später, an einem Sonntag, mit 80 Jahren verstarb. Am 1. März 1748 wurde er unter großem Aufwand beigesetzt. Sein gewaltiger Eichensarg wurde von jeweils zwei Ältesten und sechs Zunftgliedern der Hirschberger Kaufmanns-Sozietät zur Gnadenkirche getragen, vor dem Altar aufgebahrt und mit hohen Kerzen erleuchtet. Der Pfarrer würdigte ihn in seiner Leichenpredigt mit Worten, die bis heute ihre Gültigkeit nicht verloren haben: Solange die Gnadenkirche steht, werde auch das Andenken dieses Mannes unverlöschlich sein[18]. Fußnoten:[1]GERSTMAN (1909), S. 1; 2. Beilage zu VB, Nr. 57. [2]Vgl. ZELLER, T. 3, S. 189; T. 11, S. 229; T. 12, S. 64, 66 u. 132; GERSTMAN (1909), S. 251. [3]NAFE (1928); ZELLER, T. 10, S. 78; VB, Apr. 1975, Nr. 93, 46. Jg., Bd. 9, S. 65f. [4]MENTZEL (1748); FUCHS (1994); VB, Apr. 1975, Nr. 93, 46. Jg., Bd. 9, S. 65. [5]MENTZEL (1748); NAFE (1928). [6]GERSTMAN (1909), S. 251-276; VB, Apr. 1975, Nr. 93, 46. Jg., Bd. 9, S. 65. [7]VB, April. 1979, Nr. 97, 49. Jg., Bd. 9, S. 111. [8]ZELLER , T. 11, S. 251; GERSTMAN (1909), S. 251-276. [9]GERSTMAN (1909), S. 251-276. [10]VB, Okt. 1978, Nr. 98, 48. Jg., Bd. 9, S. 102; GERSTMAN (1909), S. 28; NAFE (1928), S. 161ff. [11]MENTZEL (1748), S. 31f. [12]ZELLER, T. 11, S. 192; T. 10, S. 38f u. S. 172. [13]VB, April 1982, Nr. 99, 51. Jg., Bd. 9, S. 129f.; GERSTMAN (1909), S. 19; ZELLER, T. 11, S. 172. [14]GERSTMAN (1909), S. 19. [15]NAFE (1928), S. 161ff. [16]SILESIUS (1806) S. 309f. [17]GERSTMAN (1909), S. 50f. [18]MENTZEL (1748), S. 33. Hauptquellen:
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Abbildungen:
Autor - Gerhard Schiller |
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